Groß bewirbt Bildungsministerin Stark-Watzinger die 200-Euro-Einmalzahlungen an Studenten: Ein Bürokratiemonster, bei dem überhaupt erst im März Anträge gestellt werden können. Die ganze Kampagne gleicht einer Verhöhnung der Studenten in Deutschland – und der Verhöhnung einer Altersgruppe, die 2021 vor allem FDP gewählt hat.

Zögerlich und nur mit den Fingerspitzen hält Bettina Stark-Watzinger die Info-Pappe hoch. In die Kamera guckt sie auch nicht. Man könnte meinen: Darin drückt sich das Unbehagen der Ministerin über eine Kampagne für etwas aus, was zu wenig ist. Denn dass 200 Euro Einmalzahlung als „Energiehilfen“ an und für sich schon eher ein Witz als eine Hilfe sind, weiß Sie wahrscheinlich selbst. Und nach bald einem Jahr Gewissheit um die Energiekrise sind die kleinen Hilfen immer noch nicht da. Erst am Mitte März soll das Antragsverfahren, das Frau Stark-Watzinger da bewirbt, überhaupt starten.
Die FDP pflanzt einen Bürokratie-Dschungel
In guter deutscher Tradition ist das ganze auch so bürokratisch wie möglich. Wer seine 200 Euro dann im März beantragen will, darf sich auf einmalzahlung200.de durch einen Dschungel von Formularen kämpfen. Haben Sie eine BundID? Ihren Online-Personalausweis? Und die AusweisApp2 auf dem Smartphone? Falls Nein, geht es Ihnen damit genauso wie vielen Studenten in Deutschland. Denn selbst die Generation der „Digital Natives“ fremdelt nachvollziehbarerweise mit der stümperhaften Versuchen des Staates, eine Art Digital-Bürokratie einzurichten. All das brauchen Sie aber, um mit dem Antragsverfahren auf einmalzahlung200.de überhaupt erst zu beginnen. Also demnächst – im März, wenn das Verfahren überhaupt erst losgeht.
Dann meldet sich die jeweilige Universität oder Hochschule mit einem Brief, in dem die individuellen Zugangsdaten zugestellt werden – Digitalisierung erfolgt in Deutschland eben auf dem Postweg. Das FAQ, also der Katalog an Hilfestellungen für die Antragsteller, ist länger als der Erklärungstext für den Antrag selbst – und Ministerin Stark-Watzinger schaltet sogar eine Telefonhotline, um die Menschen bei der Durchquerung des Bürokratiedschungels zu unterstützen. Peinlich für die Digitalisierungspartei FDP, die doch so gerne gegen Bürokratie anredet. Da hilft auch keine Infopappe, die den Studenten, ganz auf jung gemacht, duzt – „deine 200 Euro“. Wenn die Frau Ministerin mit 3,5 Millionen jungen Bürgern jetzt per „Du“ ist, möchte man ihr fast zurufen: Du, liebe Bettina, verscherzt es dir gerade mit der letzten Wählergruppe, auf die die FDP aktuell überhaupt noch sicher bauen konnte.
Der Jugend viel versprochen – und nicht geliefert
Was oft schon wieder vergessen wird: 2021 wählten junge Menschen vor allem die FDP. Das Freiheitsversprechen im Namen der Partei hatte im Angesicht der anderthalb Jahre andauernden Corona-Beschränkungen, die da längst Maß und Mitte verloren hatten, neue Anziehungskraft entfaltet. Auch und gerade bei den Jugendlichen, die besonders unverhältnismäßig von den Maßnahmen betroffen waren. Zur Erinnerung: Der Staat nahm jungen Menschen, nahm Kindern und Jugendlichen während der Pandemie ohne Not wichtige Jahre ihres Lebens. Er gängelte sie in Unis und Schulen, erzählte ihnen Unwahrheiten über Gefahren, die für sie statistisch quasi nicht existierten. Er machte ihnen Angst: Du bist ein Superspreader, du machst deine Eltern krank, du wirst Oma töten. Und wenn Jugendliche in einem Park zusammenkamen, um trotz allem noch ihr Leben zu genießen, überfuhr der Staat sie fast auf Hetzjagden mit rasenden Polizeiautos, wie geschehen in Hamburg. Das alles zur Durchsetzung von Regeln, die, wie Maßnahmen-Propagandist Karl Lauterbach jetzt ohne Not zugab, „Schwachsinn“ waren. Aus seinen öffentlich-rechtlichen Medien, wie dem NDR im Sommer 2021, belehrten mittelalte bis alte Journalisten „die Jugend“ schroff, sie sollten sich nicht beschweren über eben jene Schwachsinns-Maßnahmen. Die FDP wurde von jungen Menschen gewählt, weil sie solchen Maßnahmen widersprach.
Dieses Wahlergebnis nahm die FDP in die Ampel als Auftrag mit – und versprach mit den Grünen, Anwalt dieser jungen Generation zu sein. Jetzt stellen die Erstwähler fest: Frau Stark-Watzinger und die Ampel-Regierung wollen sie nicht mit einem Mercedes im Park überfahren. Immerhin. Aber wirklich helfen tun sie ihnen nicht – und ernst nimmt sie ihre Probleme scheinbar auch nicht.
Nebenbei bemerkt: Im Grünen-Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend stehen die jungen Menschen derweil nicht nur dem Namen nach an letzter Stelle. Zu den belangen Jugendlicher kommt von Ministerin Paus nichts – wer kein 14-Jähriges „Trans-Kind“ ist, steht nicht auf der Agenda der Grünen-Politikerin. Ganz im Sinne ihrer Partei, die Jugendliche ohnehin nur dann ernst nimmt, wenn diese Schule schwänzen, sich auf Straßen kleben oder Dörfer besetzen.
Website-Crash am ersten Tag
Auftrag nicht erfüllt: Die 200 Euro belegen die Untätigkeit der Koalition gegenüber ihren jungen Wählern. Dass die Ministerin eine lächerlich kleine Unterstützung nach Monaten so groß anpreist, sagt eigentlich alles über den Zustand der Ampel aus – Richtiges kommt, wenn überhaupt, zu spät, zu träge und zu wenig. Vielleicht empfiehlt sich das Abschließen von Wetten darüber, ob die Website an Tag eins zusammenbricht, um schneller an sein Geld zu kommen. Wäre da nicht der Umstand, dass die Website bereits vor vier Tagen, am Launch-Tag, gecrasht ist.