
„Jetzt hilft nur Solidarität. Wer gesund ist, muss vorrätige Arznei an Kranke abgeben“, so Ärztekammerpräsident Klaus Reinhard angesichts der drastischen Infektionswelle und der gleichzeitigen Medikamentenknappheit in Deutschland. Laut Reinhard brauche man in der Nachbarschaft eine Art Medikamenten-Flohmarkt – dafür kamen auch abgelaufene Medikamente in Frage.
Bundesärztekammerpräsident Dr. Klaus Reinhard hat sich angesichts der massiven Infektionswelle, die vor allem Atemwegserkrankungen mit Halsschmerzen, Husten und Fieber umfasst, gegenüber dem Tagesspiegel dafür ausgesprochen „Krisenzeiten pragmatisch und standfest abzuwettern.“ Laut Reinhard umfasst das auch die solidarische Hilfe der Bevölkerung untereinander – wegen des Medikamentenmangels sollen sich Bürger gegenseitig mit Medikamenten aus dem häuslichen Vorrat aushelfen: „Wir brauchen so was wie Flohmärkte für Medikamente in der Nachbarschaft“.
Dabei kämen laut Reinhard auch Arzneimittel infrage, deren Haltbarkeitsdatum schon seit einigen Monaten abgelaufen sei. Im Notfall könne man zahlreiche Medikamente dann immernoch gefahrlos verwenden – welche genau das seien sollen, sagte der Ärztekammerpräsident jedoch nicht. Der normale Bürger wird das erst recht nicht wissen und das könnte in Einzelfällen gefährlich sein.
So warnte etwa der Leiter des Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker, Professor Manfred Schubert-Zsilavecz, in der Vergangenheit bereits vor der Verwendung abgelaufener Medikamente. Denn es könne unter anderem zu einer Abnahme der aktiven Substanz kommen. Das bedeutet das seine Wirkung nachlässt. Genüge die Wirkstoff-Dosis nicht, um die minimale Hemmkonzentration zu erreichen, könne das Resistenzen befördern. Besonders widerstandsfähige Bakterien könnten dann überleben und dem Mittel gegenüber unempfindlich werden.
Bei einigen anderen Arzneistoffen komme es vor, dass schädliche Substanzen entstehen, wenn sich Wirkstoffe zersetzen. Der Stoff Hydrochlorothiazid, der harntrebend wirkt und gegen Bluthochdruck eingesetzt wird, kann zum Beispiel das Gift Formaldehyd bilden, wenn er sich abbaut und mit Wasser in Kontakt gerät.
Die Einnahme abgelaufener Medikamente sollte vom medizinischen Laien also mit Vorsicht behandelt werden. Grundsätzlich gelten feste Medikamente als weniger anfällig, als halbfeste oder flüssige.