
Von 570.000 auf 2,7 Millionen Euro nur für Strom: Deutschlands erster Altreifen-Recycler schickt einen Hilferuf an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.
Sollte sich nicht bald etwas ändern, drohen dem Unternehmen im schlimmsten Fall nicht nur zeitweise Schließungen und Stellenabbau – dann droht Deutschland ein Müllproblem!
Die Mülsener Rohstoff- und Handelsgesellschaft (MRH) war im Jahre 1995 die erste Deutsche Firma, die das Recycling von Altreifen zum Geschäftsmodell gemacht hat – heute, fast 30 Jahre später, droht dem Groß-Recycler der Strompreis-Kollaps. Um 30.000 Tonnen Reifen im Jahr zu schreddern und diese zu Gummimatten, -granulat oder -mehl zu verarbeiten, benötigt das Unternehmen eine ganze Menge Strom: Etwa 4,7 Millionen Kilowattstunden. Dafür zahlte man bis zum letzten Jahr rund 570.000 Euro – jetzt sollen 2,7 Millionen fällig werden.
Laut Danny Schwalbe, Geschäftsführer der MRH, zahle man aktuell einen Kilowattstundenpreis von 4,2 Cent – ohne Umlagen und Zuschläge. Wie bei vielen anderen Firmen auch, läuft der Vertrag allerdings zum Ende des Jahres aus und dann wird es teuer: laut aktuellem Angebot soll sich der Preis verzwölffachen, auf 51 Cent pro Kilowattstunde. Wie Schwabe gegenüber der Freien Presse berichtete, hofft er das die Bundesregierung eingreift und ihn so vor der gigantischen Stromrechnung bewahrt.
Sollte sich nichts ändern, muss sich Schwabe etwas überlegen um seinen 65 Mitarbeiter-starken Betrieb am Leben zu halten – „Mir ist bisher immer etwas eingefallen“. Im Schlimmsten Fall müsse man künftig nachts oder am Wochenende produzieren, wenn die Energie günstiger ist. Eine Energiezulage auf die MRH-Produkte zu erheben sei ebenfalls möglich, Schwabe fürchtet jedoch, dass das Kunden abschrecken könnte. Sollten Aufträge zurückgezogen werden, blüht der Firma außerdem ihre Produktion herunterzufahren – also nicht mehr das ganze Jahr über zu arbeiten. Auch Stellenabbau kann Schwabe nicht ausschließen.
All diese Maßnahmen könnten aber nicht nur auf Schwalbe und seine Mitarbeiter zukommen, auch andere Unternehmen aus der Branche trifft das Strompreisproblem hart – und das werde jeder Autofahrer zu spüren bekommen. Wenn Betreibe wie die MRH ihre Kosten erhöhen müssen, dann werden auch die Servicestellen teuerer, bei denen man die Altreifen zur Entsorgung abholt. Die reichen die Kostensteigerung an die Endkunden weiter. Sollten Reifen-Entsorger durch die Kostensteigerungen keine Aufträge mehr bekommen, sammeln sie auch keine Altreifen ein – laut Schwabe werden sich die Reifen dann irgendwann stapeln. So werde das Stromproblem zu einem Müllproblem. „Die Altreifen werden dann irgendwo in der Natur landen“, so Schwalbe in seinem Brandbrief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, das er mit „Hilferuf aus der Grünen Kreislaufwirtschaft“ betitelt hat.
Der sächsische Bundestagsabgeordnete Nico Tippelt (FDP) hatte Schwalbe versprochen, seinen Brief an Habeck weiterzureichen – von dem kam jedoch bis zuletzt keine Antwort.