Moderatoren bei politischen Veranstaltungen sind dazu da kritische Fragen zu stellen. Auf der Republica, wo Bundeskanzler Olaf Scholz zu Gast war, kam es zu solchen kritischen Fragen nicht. Grund dafür könnte gewesen sein, dass die Moderatorin Linda Zervakis, langjährige Tagesschau-Moderatorin, direkt vom Kanzleramt eingeladen wurde und nicht etwa wie üblich vom Veranstalter. Das hat eine taz-Recherche ergeben.

Große Aufmerksamkeit lag im Juni 2022 auf Olaf Scholz als er auf der Republica zu Gast ist. Seine Vorgängerin Angela Merkel hatte sich dies nicht getraut. Scholz sprach über „Digitalpolitik in der Zeitenwende“. Danach beginnt eine Fragerunde mit Linda Zervakis. Das Medienecho nach der Veranstaltung war eher kritisch, zu lasch wären die Fragen an den Kanzler gewesen.
Wie die taz jetzt recherchiert hat nicht ohne Grund: Denn Linda Zervakis, eine der bekanntesten Journalistinnen in Deutschland, lange bei der Tagesschau, war nicht etwa von den Veranstaltern als Moderatorin gewählt, sondern direkt vom Kanzleramt. Kommuniziert wurde das aber nicht. Es sollte aussehen wie ein Gespräch mit einer unabhängigen Moderatorin. Dass aber keine kritischen Fragen kommen werden, das wusste Scholz.
Die Recherche offenbart einen tiefen Blick in das Selbstbewusstseins Scholz. Denn ist die Angst im öffentlich Raum schlecht dazustehen, weil von unliebsamen Journalisten kritische Fragen kommen, ist größer als Scholz Interesse eine echte politische und vielleicht auch kritische Debatte zu führen.
Denn wie die taz-Recherchen zeigen, formulierte Scholz als Bedingung für die Teilnahme an der Konferenz, dass das Kanzleramt entscheidet, wer Scholz befragt. Und das ebenfalls ziemlich kurzfristig mitgeteilt, sodass de Veranstaltern kaum Zeit blieb zu entscheiden. Im Organisationsteam der Republica wurde über die Bedingung kontrovers diskutiert: Soll man sich darauf einlassen, dass der Gast selbst die Moderatorin aussucht und mitbringt?
Aber man wollte nicht auf den Kanzlerbesuch verzichten, Scholz schafft Aufmerksamkeit, er ist der erste Bundeskanzler, der die Konferenz besucht. Auf taz-Anfrage schreibt die Sprecherin der Republica: „Eine Ausladung hätte vieles überlagert, auf das wir lange hingearbeitet haben. Wir wollten lieber inhaltliche Schwerpunkte mit vielen anderen Gästen setzen.“
Am 19. Mai 2022 fragt die zuständige Referentin im Bundeskanzleramt dann also Zervakis’ Management an, ob sie das Gespräch auf der Republica moderieren wolle. „Die inhaltliche Vorbereitung mit Ihnen würden wir natürlich eng begleiten“, heißt es in der Mail. Zervakis hat Interesse, ihr Management schickt ein „Angebot“, das Kanzleramt sagt zu. Unklar ist, was Zervakis für die Moderation bekommen hat.