Der offizielle Eintritt von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in den Hessischen Landtagswahlkampf hat die Berliner Gerüchteküche kräftig angeblasen. Von einer SPD-Personalrochade ist die Rede.

Der offizielle Eintritt von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in den Hessischen Landtagswahlkampf hat die Berliner Gerüchteküche kräftig angeblasen. Dreh- und Angelpunkt der Spekulationen ist die Frage, welche Strategie Faeser mit der „Fernbeziehung“ als Berliner Ministerin zum Wahlkampf um Wiesbaden verfolgt.
Dass Wähler es nicht schätzen, wenn sich Spitzenkandidaten nur in Teilzeit und als Karrierechance für sie interessieren, gilt für viele Sozialdemokraten hinter vorgehaltener Hand als sicher. Auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) soll lange darauf gedrungen haben, dass Faeser sich mit Volldampf und Vollzeit in den Landtagswahlkampf stürzt, und dem Vorwurf keinen Vorschub leistet, „im Schlafwagen an die Macht“ rollen zu wollen.
Dass er sich nun doch hinter Faeser Wunsch nach Rückkehr ins Innenministerium im Falle einer Niederlage in Hessen gestellt hat, wird vor allem mit der akuten SPD-Personalnot für Spitzenposten erklärt. Da Scholz schon Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) notgedrungen durch einem Mann ersetzen musste, würden die SPD-Frauen keine weitere männliche Neubesetzung im Kabinett akzeptieren, wenn Faeser sich ganz in die Hessen-Kampagne stürzen würde.
Comeback für Giffey?
Eine andere Theorie geht davon aus, dass sich die SPD hinter den Kulissen für den Fall absichern wolle, dass Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) nach der Neuwahl in der Hauptstadt nicht wieder ins Rote Rathaus einziehen kann und mit einem Top-Job versorgt werden müsste. In diesem Falle, so die Theorie, könne es praktisch sein, wenn Faeser später doch noch das Innenressort aufgibt und Vollzeit nach Hessen wechselt, damit Giffey als Bundesinnenministerin ihr Comeback in der Bundespolitik feiern könne.
Kleiner Schönheitsfehler: Als Verwaltungswirtin und Politologin mit entzogenem Doktortitel empfiehlt sich Giffey nicht wirklich für eines der stärksten Ministerien der Bundesregierung, das gleichzeitig auch das „Verfassungsministerium“ ist. Da Kompetenz und Ausbildung bei politischen Ämtern aber ohnehin kaum eine Rolle spielen, ließe sich darüber aber wohl ohne große Probleme hinwegsehen. Viel schwerer wiegt nach Ansicht vieler Spindoktoren die Frage, ob man öffentlich wirklich verkaufen könnte, dass Giffey wegen ihres Promotions-Plagiats im Bundesministerium für Familie zurückgetreten sei und nun nach kurzer Schamfrist wieder in die politische Top-Klasse zurückkehre als sei nichts geschehen.
Wie dem auch sei: Erfahrene Politik-Insider wissen, dass Eigennutz in den meisten Fällen die naheliegendste und treffendste Erklärung für viele Vorgänge ist, mithin die Absicherung Faesers mit dem einen oder anderen Spitzenposten vermutlich am plausibelsten ist. Ganz grundsätzlich gilt: In der Politik werden viele zufällige und chaotische Vorgänge erst von eifrigen Kommentatoren zu vermeintlich raffinierten Strategien zusammengebastelt. Und wenn es am Ende so kommt und gut geht, findet sich noch immer ein Büchsenspanner, der es von Anfang an gewusst haben will…