An der Freien Universität Berlin wollen Studenten einen Biologie-Dozenten absägen, weil er Links zu rechten Podcasts teilte. Die Studenten erwartet nun eine Verleumdungsklage.

An der Freien Universität (FU) Berlin brodelt es. Der Allgemeine Studentenausschuss (AStA) will die Entlassung eines Biologie-Dozenten erzwingen. Bereits seit einem Jahr läuft die Rufmordkampagne gegen Michael Grünstäudl. Der AStA fordert auf seiner Website, „unverzüglich alle Lehrtätigkeiten Grünstäudls zu unterbinden“. Zudem soll Grünstdäudl möglichst nie wieder in einem akademischen Umfeld arbeiten können: „Wir fordern eine öffentliche Distanzierung der FU, sodass auch weitere potentielle Arbeitgeber vor Grünstäudl und seiner neo-faschistischen Haltung gewarnt sind.“
Da ist man jetzt aber doch gespannt auf die Vorgeschichte. Was ist passiert? In einem öffentlich zugänglichen Ordner mit dem Namen „FunScripts“ war auf Grünstäudls GitHub-Seite eine Podcast-Liste gespeichert. Darunter Sendungen vom bekannten konservativen US-Bestsellerautoren Jordan Peterson und dem liberal-konservativen Magazin Tichys Einblick. Unter den insgesamt 31 Links, die den Mitgliedern des AStA vielleicht nicht gefallen, aber alles andere als verboten sind, befand sich außerdem ein einzelner Link zu einem Video des Sprechers der rechtsextremen Identitären Bewegung, Martin Sellner.
Grünstäudl gilt als Vorzeige-Dozent
In einer am 23.02.2022 auf der Website des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit veröffentlichten Stellungnahme bestreitet der Dozent, für die Links verantwortlich zu sein. Auch seine studentischen Mitarbeiter aus seiner Zeit an der Ohio State University in den USA hätten Schreibrechte für die GitHub-Seite gehabt, möglicherweise hat einer von ihnen die Links im Ordner abgelegt, deutet Grünstäudl an. Er selbst habe jedenfalls „auf GitHub nie politische Inhalte abgespeichert.“

Trotz Grünstäudls öffentlicher Distanzierung ist der Ordner mit den Links für den AStA ein klarer Versuch, „rechte Inhalte unter Studierenden zu verbreiten.“ Plötzlich heißt es, Grünstäudl soll seine Position als Dozent ausgenutzt und Studenten mehrfach auf seine GitHub-Seite hingewiesen haben. Wie Pleiteticker.de aus Studentenkreisen erfuhr, ist Grünstäudl jedoch nie negativ in seinen Vorlesungen aufgefallen. Im Jahr 2017 erhielt er laut eigenen Angaben sogar den „Preis für gute Lehre“ der Fachschaftsinitative Biologie.
Unterzeichner der „Gemeinsamen Erklärung 2018“
Doch der AStA wühlt weiter und konstruiert weitere „Probleme“ mit dem Biologie-Dozenten: Er gehörte zu den Unterzeichnern der „Gemeinsamen Erklärung 2018“. Diese zielte darauf ab, Migration zu begrenzen und „die rechtsstaatliche Ordnung an den Grenzen“ (Deutschlands) wiederherzustellen. Initiiert wurde die Erklärung vom bekannten deutschen Autoren Henryk M. Broder, weitere Unterzeichner waren der frühere SPD-Politiker Thilo Sarrazin und Buchautor Uwe Tellkamp.
Letzte Woche Dienstag absolvierte Grünstäudl erfolgreich sein Habilitationsverfahren, berichtete er Pleiteticker.de. Trotz intensiver Bemühungen hat es der AStA also vorerst nicht geschafft, den Biologie-Dozenten zu canceln. Ob die Studenten zukünftig noch Zeit haben, in Grünstäudls Links, Lehre und Leben herumzuwühlen, ist zudem fraglich: Grünstäudl hat gegen sie rechtliche Schritte wegen Verleumdung eingeleitet.