Nach allem was bisher bekannt ist, steht die Anklage gegen Ex-Präsident Donald Trump in New York auf sehr wackligen Beinen: Der Fall ist voll von unglaubwürdigen Zeugen, nie getesteten Gesetzesinterpretationen und einem Staatsanwalt unter Druck von seiner linker Wählerschaft.

Schon am Dienstag könnte in New York Anklage gegen Ex-Präsident Donald Trump erhoben werden, das ließ er auf seiner Plattform „Truth Social“ wissen. Zeitgleich gab es dazu unzählige Medienberichte, die unter Berufung aus Staatsanwaltschaftskreise ebenfalls von einer bevorstehenden Anklage sprechen.
Medial ist jetzt schon die Aufregung groß – auch hierzulande. Endlich schafft man Trump vor Gericht, so der Tenor. Trump seinerseits spricht von einer „Hexenjagd“ und ruft zum Protest auf. Das Framing wird denkbar einfach: Hier der gute Staatsanwalt, auf der anderen Seite der böse Trump, der den Rechtsstaat angreift.
Dabei ist die womöglich bevorstehende Anklage gegen Trump, zumindest nach allem, was bisher bekannt ist, tatsächlich höchst fragwürdig, wenn man sich die Details anschaut. Im Kern geht es um Angaben zu Schweigegeldzahlungen von Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen an Pornodarstellerin Stormy Daniels wegen einer Affäre, die er verheimlichen wollte. Entsprechende Zahlungen tauchten bei Trump nicht als Wahlkampfausgaben auf.
Als Kronzeuge soll ausgerechnet ein verurteilter Lügner hinhalten
Nun ermittelt der Distriktstaatsanwalt des Countys New York, Alvin Bragg, gegen Trump – und hier fängt auch in vielen deutschen Medien das Unwissen an: Die Tagesschau etwa behauptet, Bragg untersuche Trump wegen „unzulässiger Wahlkampfspenden“ – das ist aber streng genommen gar nicht möglich. Denn das einzige Amt für das Trump bisher antrat, war das des Präsidenten. Ein Bundesamt für dessen Wahlkampf und Wahlkampffinanzierung Bundesgesetze gelten und eben Bundesbehörden zuständig sind. Und wegen möglichen „unzulässiger Wahlkampfspenden“ wurde auch tatsächlich gegen Trump auf Bundesebene ermittelt, aber Bidens Justizministerium gab den Fall auf: Zu dünn war die Beweislage.
Denn es kann schwer sein nachzuweisen, dass es Trump bei dem Geld um sein Ansehen als speziell als Präsidentschaftskandidat, nicht etwa als Unternehmer oder Person des öffentlichen Lebens oder als Ehemann ging. Dazu kommt, dass der Kronzeuge für all das ausgerechnet Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen wäre. Der saß aber u.a. wegen Meineids im Gefängnis – so ein Zeuge ist vor Gericht kaum haltbar.
Jetzt ermittelt also New Yorks Distriktstaatsanwalt Bragg gegen Trump, und kann sich dabei nur mit Verstößen gegen Gesetze des Staates New York beschäftigen. Was wirft man Trump dort vor? Nach dem, was US-Medien einhellig berichten, lautet der Vorwurf „Fälschung von Geschäftsunterlagen“. Hier gehen aber die Probleme weiter: Denn nur der Punkt „Fälschung von Geschäftsunterlagen“ an sich wäre gerade mal ein Vergehen – ein Vergehen, das inzwischen schon verjährt ist.
Das Gesetz wurde bisher nie „so angewandt“
Also braucht Bragg etwas anderes, nämlich: „Fälschung von Geschäftsunterlagen“ zur Verschleierung eines Verbrechens. Das ist eine Stufe höher, ein Verbrechen, trägt eine höhere Strafe und ist noch nicht verjährt. Das Verbrechen, das er verschleiert haben soll? Jene vermeintlichen „unzulässigen Wahlkampfspenden“, weswegen Trump nie angeklagt geschweige denn verurteilt wurde. „Fälschung von Geschäftsunterlagen“ also um ein vermeintliches Verbrechen zu verschleiern, dass ihm vor Gericht nie vorgeworfen und nie bewiesen wurde?
„Rechtsexperten […] bezeichnen es als einen ungewöhnlichen Fall angesichts der damit verbundenen möglichen Anklagen sowie der Tatsache, dass die Staatsanwälte, die seit langem bekannten Details wiederholt geprüft, aber beschlossen haben, keine Anklage gegen ihn zu erheben.“ So nennt etwa die Washington Post Braggs geplantes Vorgehen und zitiert einen Juristen, dem kein früherer Fall einfällt, „in dem das Gesetz so angewandt worden wäre“.
Eine neue, wacklige Gesetzesinterpretation, die man ausgerechnet am 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten ausprobiert? Dass so ein Fall alles andere als wasserdicht ist, dürfte klar sein. Nicht nur waren schließlich Bundesanwälte gegen eine Anklage in dem Schweigegeld-Fall, auch Distriktstaatsanwalt Bragg haderte wohl stark damit – ebenfalls wegen Cohens fehlender Glaubwürdigkeit – weswegen der Fall intern auch als ein „Zombie“-Fall bekannt war: Ein Fall, den man eigentlich begraben aber nun wieder zum Leben erweckt hat.
Gibt der Staatsanwalt öffentlichem Druck nach?
Warum? Wohl u.a., weil ein Anwalt aus Braggs Büro sich öffentlich und in einem eigenen Buch darüber beschwerte, dass Bragg zu wenig gegen Trump tue. Der Distriktstaatsanwalt kam damit auch öffentlich unter Druck, schließlich wird er direkt von den Bürgern Manhattans gewählt. Und die Wählerschaft dort ist nicht bekannt dafür besonders nachsichtig gegenüber Trump zu sein. Vorwürfe er lasse Trump davonkommen sind da nicht gut für Braggs Wiederwahl, selbst wenn eine Anklage nach allem, was man bisher weiß, als fragwürdig erscheint.
Ein Staatsanwalt, womöglich unter Druck von seiner linken Wählerschaft, bringt einen „Zombie“-Fall zurück zum Leben, probiert nie angewandte Gesetzesinterpretationen aus und beruft sich am Ende bei dem ganzen womöglich noch auf einen verurteilten Lügner – alles, um den Ex-Präsidenten irgendwie hinter Schloss und Riegel zu bekommen? Das ist ein gefährliches Gemisch und passt so gar nicht ins einfache Gut-und-Böse-Schema.
„Natürlich wird keines dieser legalen Probleme in der kommenden Raserei relevant sein. Es wird ein Fall sein, der nichts als unterhaltsam ist, einer, zu dem Sie Ihr Popcorn bringen können – solange Sie Ihre Prinzipien hinter sich lassen.“ So fasst es der amerikanische Jura-Professor Jonathan Turley zusammen.