
Das weltweit führende Unternehmen Wicke hat volle Auftragsbücher und Werkshallen. Trotzdem fürchtet das historische Unternehmen um seine Existenz. „Solche Sorgen haben wir noch nie gehabt”, sagt der Geschäftsführer.
Das Traditionsunternehmen Wicke aus Sprockhövel macht sich trotz guter Auftragslage Sorgen. Denn sollte das Gas ausbleiben, wird es schließen müssen.Im Jahr 1866 wurde in Barmen, heute ein Stadtteil von Wuppertal, das Unternehmen Wicke als Kramwarenhandel gegründet. Damals hat man Zündplättchen für Spielzeugpistolen hergestellt. Trotz der Stilllegung 1941 überlebte Wicke den zweiten Weltkrieg. 1950 ging es weiter mit der Herstellung von Zündwaren und erst 1951 entdeckte man mit der Herstellung von Leichtmetall-Felgen das heutige Hauptgeschäft. Nach dem Ende des Kalten Krieges expandierte das Unternehmen weltweit. Mittlerweile ist es auf vier Kontinenten vertreten und hat 850 Mitarbeiter.
Doch nun sorgt sich der Geschäftsleiter Klaus Schlösser um die Zukunft von Wicke. „Ich bin seit über 50 Jahren im Unternehmen, solche Sorgen haben wir noch nie gehabt”, sagt Schlösser im Gespräch mit der Westdeutschen Zeitung. Besonders die Gaspreise und mögliche Knappheit im Winter bereiten ihm Sorgen. Denn die gesamte Produktion wurde vor einigen Jahren auf Gas umgestellt, dafür wurde extra eine eigene Gaspipeline gebaut. „Wenn kein Gas mehr kommt, können wir Wicke dichtmachen.” Auch die Bewohner von Sprockhövel können sich an das Gasnetz anschließen. Sollte das Unternehmen schließen müssen, könnte dies eine Schockwelle durch die Wirtschaft schicken. Den Wicke ist weltweit führend in der Produktion von industriellen Rädern, Reifen, Achsen, Lenkrollen und Bockrollen. Im Klartext: Ohne Wicke haben Gabelstapler keine Räder.
Neben einer standardisierten Produktpalette bietet man auch Spezialanfertigungen an. Dieses Geschäft macht mittlerweile mehr als 85 % der gesamten Produktion aus.Im Firmensitz in Sprockhövel arbeiten 400 Mitarbeiter. Bereits im Mai dieses Jahres haben alle Mitarbeiter Gehaltserhöhungen erhalten, um die Inflation auszugleichen. Damit kam man auch den Forderungen der Gewerkschaften zuvor. „2000 Familienangehörige setzen ihr Vertrauen in uns, wir sind ein großer Arbeitgeber.” Und ein sozialer Arbeitgeber, der wichtig für die Kleinstadt mit gerade mal 25.000 Einwohnern ist. Eigentlich plante der Geschäftsführer große Investitionen. Doch an der Umsetzung scheitert es. So wollte man Photovoltaik-Anlagen installieren. Diese stehen sogar bereit, aber es fehlt noch an wichtigem Baumaterial. Mit einem Investitionsrahmen im zweistelligen Millionenbereich sollte eine neue und hochmoderne Lagerhalle entstehen. Die Planung dafür ist abgeschlossen, die Flächen wurden gekauft und auch die Stadt Sprockhövel hat bereits zugestimmt. „Ein Knopfdruck, und die ganze Baumaßnahme könnte beginnen.” Doch hier zögert der Geschäftsführer. „Wir wissen ja gar nicht, wie es weitergeht, denn es gibt kaum Baumaterialien.” Deshalb baut man zunächst ein Provisorium. Denn die Auftragslage ist gut und die Lagerflächen werden knapp. Sollte sich die Gaskrise verschärfen, rettet aber auch diese Auftragslage den Weltkonzern aus NRW nicht.