Video-Enthüllungen des US-Moderators Tucker Carlson rund um die Geschehnisse des 6. Januars 2021 in Washington, dem „Sturm auf das Kapitol“, werfen neue Fragen auf: Der berüchtigte „QAnon-Schamane“ lief alleine und völlig unbehelligt an Gruppen von Polizisten in den Gängen des Kapitols vorbei – einige Beamten führten ihn sogar durch das Gebäude.

Wie US-Moderator Tucker Carlson am Dienstag in seiner Show berichtete, habe er Stunden von Videomaterial gesichtet, dass seinen Ansichten nach die Darstellung des 6. Januars 2021 als gewaltsamen Angriffs auf das US-Kapitol untergräbt. Laut Carlson zeigen Überwachungsvideos, zu denen er und sein Team Zugang erhielten, dass nur eine geringe Zahl der Demonstranten, die in das Kapitol eindrangen, tatsächlich gewalttätig waren. Die Mehrzahl habe sich „wie beim Sightseeing“ verhalten. Vielerorts hätte die Kapitolspolizei tatenlos zugesehen, wie die Eindringlinge durch die Hallen des Gebäudes liefen – und ihnen teilweise sogar geholfen.
Konkret zeigte Carlson Aufnahmen von Jacob Chansley, wie der „QAnon-Schamane“ mit echtem Namen heißt. Chansley war oberkörperfrei, mit einem Pelz auf dem Rücken, Hörnern auf dem Kopf und Gesichtsbemalung an jenem Tag im Kapitol unterwegs. Die Videos, die Carlson nun veröffentlichte, zeigen wie zwei Polizisten Chansley durch das Gebäude führen und ihm an einem Punkt sogar eine verschlossene Tür öffnen wollen. Laut Carlson führten die zwei Polizisten Chansley zu mehreren Eingängen.
An anderer Stelle sieht man wie der „QAnon-Schamane“ alleine und ungehindert quer durch eine Gruppe von teils schwer bewaffneten Polizisten läuft – alles in den Hallen des Kapitols. Das wirft tatsächlich Fragen auf.
Die Polizei hielt Chansley nicht auf
Nach bisherigen Erkenntnissen aus dem Untersuchungsausschuss, der dem damaligen Präsident Donald Trump eine Mitschuld an den Ausschreitungen zusprach, habe die zahlenmäßig weit unterlegene Kapitolspolizei nämlich Gruppen von eingedrungenen, aggressiven Demonstranten gezielt durch Gänge des Kapitols geführt, um sie von sensiblen Räumen weg zu leiten. Zur Deeskalation sowie um auf Zeit zu spielen und zu verhindern, dass die Eindringlinge zum Beispiel auf Abgeordnete treffen.
In den Videos die Carlson nun zeigte, ist Chansley in seinem Wolfskostüm aber völlig alleine und unbewaffnet. In einer Szene sind zehn Polizisten zu sehen, mindestens vier davon in voller Schutzausrüstung, inklusive Helmen. An ihnen läuft Chansley nicht nur ungestört vorbei – er läuft quer durch diese Gruppen von Polizisten, angeleitet von zwei anderen Beamten. Was hier die Taktik der Polizei gewesen sein soll, bleibt unklar.
Zusätzlich zu Chansley zeigt Carlson auch Aufnahmen eines anderen Teilnehmers des ausgeuferten Kapitolprotests: Ray Epps. Er ist bereits seit längerem dafür bekannt, dass er bei der Demonstration zum Sturm auf das Kapitol aufrief, aber nie angeklagt wurde. Daher ranken sich um ihn wilde Spekulationen, ob er ein FBI-Informant oder gar ein „Agent Provocateur“ war, wie es manche behaupten.
Widersprüche über Aufenthaltsdauer von Ray Epps
Carlson zeigte nun Videos, die belegen, dass einige von Epps unter Eid getätigten Aussagen vor dem 6.-Januar-Ausschuss des US-Repräsentantenhauses falsch sind. Dabei geht es u.a. darum, wann sich Epps wo aufhielt – er war nämlich deutlich länger am Kapitol als zuvor behauptet. Brisant: Die dutzenden Ermittler des Ausschusses hatten Zugang zu den gleichen Aufnahmen wie Carlson, machten aber nie ein Thema aus dem Widerspruch.
Carlson kündigte nun weitere Video-Enthüllungen an. Auch wenn er mit seinen Veröffentlichungen mehr Fragen aufwirft, als Antworten liefert, wird klar: Das Chaos in und um das Kapitol am 6. Januar 2021 und der Umgang der Sicherheitskräfte damit, ist noch lange nicht vollständig aufgeklärt.