
Gastkommentar von Ralf Schuler
Mein Gott, warum hast du sie verlassen! In der Vorweihnachtszeit wird Psalm 22 mit den letzten Worten Jesu am Kreuz zum Schmerzensschrei gebeutelter Christen, die mit ansehen müssen, dass ihre Kirche trotz Massenaustritten offenbar nicht nur von Gott, sondern von alles guten Geistern verlassen ist.
Auf dem Kirchenparlament, der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) applaudieren die Vertreter der Amtskirche stehend den Klebe-Chaoten der „Letzten Generation“, empfehlen allen Ernstes ein Tempolimit von 120 Km/h, und selbst der Jesuit Joe Übelmesser erklärt sich in der Neuen Zürcher Zeitung solidarisch mit den selbst ernannten „Aktivisten“.
In Russland segnen Orthodoxe Waffen, bei uns mutiert die EKD zum politischen Verkehrsclub, der sich nicht mal entblödet, konkrete Tempo-Angaben für die braven Schäflein mitzuliefern, als hätte Mose jetzt auch die Straßenverkehrsordnung auf dem Berge Sinai in steinernen Tafeln vom Herrn nachgereicht bekommen. Es ist nicht bekannt, dass etwa Lebensschützer, die sich gegen die Abtreibung von Embryos engagieren, jemals so von der EKD empfangen wurden.
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Selbstverständlich ist die Bewahrung der Schöpfung ureigene Aufgabe von Christen. Sich aber mit einer Endzeit-Truppe gemein zu machen, die in anderen Zeiten ein Fall für den Sektenbeauftragten gewesen wäre und sich überhaupt an politische Zeitgeistler ranzuschmeißen, dass Lobbycontrol eigentlich Vollalarm schlagen müsste, hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Auftrag des Herrn zu tun, dem die EKD eigentlich dienen sollte.
Draußen im Land werden Gemeinden zusammengelegt, beliebte Pfarrer müssen auf Teufel komm raus nach dem Willen der Amtskirche rotieren und gegen den Willen der immer weniger werdenden Gläubigen ihre Stelle wechseln, der üppige Funktionärskörper blüht und die Seelsorge verdorrt.
Anstatt einen Grünen-Sonderparteitag im geistlichen Mäntelchen abzuhalten, hätte die EKD nun wahrlich genug Themen, wenn sie noch den Menschen im Blick hätte: Wo ist Gott in Zeiten des Krieges? Welchen Trost hält die christliche Botschaft bereit für jene, die nach Corona nun in der nächsten Krise an Inflation, Heizkosten und zum Beispiel daran verzweifeln, dass Waffenlieferungen (auch in den Augen der EKD) zum Gebot der Stunde werden?
In Deutschland sank in diesem Jahr die Zahl der offiziellen Mitglieder der beiden großen christlichen Kirchen erstmals unter 50 Prozent der Bevölkerung. Aber das scheint die gottlosen Gottesleute der EKD nicht zu beunruhigen. Die mit staatlicher Hilfe vom Gehalt abgebuchte Kirchensteuer fließt dank guter Gehälter der Mitglieder in auskömmlicher Höhe weiter, und solange es Geld gibt, gibt es für die Funktionäre des Glaubens offenbar nichts zu denken. In Köln ruft jetzt der Muezzin. Wie christlich ist Deutschland? Ist Deutschland überhaupt noch ein christliches Land? Es gäbe, weiß Gott, genug Themen und Dinge, die ans Eingemachte der Kirche gehen müssten.
Es ist selbst oder gerade für tiefgläubige Christen (wie mich) an der Zeit nachzudenken, ob man der GmbH Kirche nicht doch mal den Dauerauftrag für Propaganda, statt Predigt zu kündigen und ihre Dienstkarossen auf Tempo Null zu setzen. Tempo 100 Km/h, haben sie auf der Synode in Magdeburg schon beschlossen. Wir helfen gern zur finalen Konsequenz.