
Schock-Aus für Hamburger Traditionskaufhaus: Das Mode-Geschäft Appelrath-Cüpper, Teil einer 140 Jahre alten Unternehmens-Geschichte, muss zum Ende des Jahres schließen.
18 Jahre lang konnten Kunden auf der 3.500 Quadratmeter großen Verkaufsfläche an der Mö nach Herzenslust Damenmode aller großen Marken shoppen, doch damit ist es nun vorbei. Jetzt zieren große rote Plakate das Kaufhaus: „Alles -30 Prozent” und „Räumungsverkauf wegen Geschäftsschließung”.
Das Unternehmen Appelrath-Cüpper blickt auf eine lange und sehr bewegte Geschichte zurück, die bis ins 19. Jahrhundert reicht. Vor 140 Jahren, im Jahre 1882, gründeten Reiner Appelrath und seine Frau Nettchen, geborene Cüpper, ein Textilhaus in Aachen – wo es, nach einem Umzug im Jahre 1884, wie durch ein kleines Wunder bis heute steht. Es überstand den zweiten Weltkrieg, doch nicht ohne schwere Verluste und großes Leid seiner jüdischen Inhaber.
Das Stammhaus in Aachen wurde im Jahre 1911 von Max Heimann und seinen Verwandten Gustav Strauss, Carl Philipp und Jacob Lion übernommen. Als die Nationalsozialisten am 1. April 1933 zum Boykott jüdischer Geschäfte aufriefen, wurde auch das Unternehmen Appelrath-Cüpper schwer getroffen – Geschäftsführer war zu diesem Zeitpunkt Dr. Curt Lion, Sohn von zwei der vier Gesellschafter, Carl Philipp und Julie Lion. Curt Lion wollte wegen der bedrohlichen Lage mit seiner Familie ausreisen und das Geschäft deshalb verkaufen – kurz vor der Flucht nach Amerika im Jahre 1937 übertrug Lion das Geschäft an Paul Wehmeyer, dessen Enkel Walter später einen Film über die Geschichte produzierte. In „Shattered – Reise in eine stille Vergangenheit“ sprach er mit den mittlerweile über 90-jährigen Kindern von Lion, Marianne und Britta und erzählte ihre und die Geschichte der jüdischen Miteigentümer, denen die Flucht vor den Nationalsozialisten nicht mehr gelungen war.
Nach dem Krieg mussten die völlig zerstörten Geschäfte wieder aufgebaut werden. Paul Wehmeyer wurde nach einer Ausgleichszahlung an die jüdischen Erben als Inhaber bestätigt. Das Unternehmen expandierte in Deutschland – während sich die Lions in Amerika mit neuen Modegeschäften eine Existenz aufbauten. Diese berührende Geschichte ist auch die Geschichte des 2004 eröffneten Appelrath-Cüppers in Hamburg. Eine der 16 Filialen des Unternehmens, dass wahrscheinlich den Auswirkungen der Corona-Maßnahmen, der Inflation und der Energiekrise unterlag.
Durch die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus war die ganze, 140 Jahre alte, Modehaus-Kette ins Wanken geraten. 2020 stand das Unternehmen wegen dem maßnahmenbedingten Kundenrückgang kurz vor der Insolvenz, wurde dann aber von Peter Graf, einem österreichischen Investor, gekauft – und damit gerettet.
Die Geschäftsschließung in Hamburg kommt überraschend. Bisher möchte sich die Geschäftsführung nicht zu den Gründen äußern. Auch die 50 Mitarbeiter wurden nicht über die Gründe informiert. Nach informationen verschiedener Zeitungen seien bei der Verkündung der Geschäftsschließung Tränen in der Belegschaft geflossen.