
Kommentar
Von Sebastian Thormann
Eigentlich kaum vorstellbar, dass Christine Lambrecht das neue Jahr noch peinlicher beginnt, als sie das letzte beendet hat. Eigentlich.
„Mitten in Europa tobt ein Krieg. Und damit verbunden waren für mich ganz viele besondere Eindrücke, die ich gewinnen konnte, viele Begegnungen mit interessanten und tollen Menschen. Und dafür sage ich ein herzliches Dankeschön.“
Christine Lambrecht, Bundesverteidigungsministerin
Christine Lambrecht, Bundesministerin für Verteidigung, wünscht uns Bürgern mit diesen Worten ein frohes neues Jahr auf Instagram. Während im Hintergrund Böller knallen und Raketen leuchten, spricht sie in einem wackeligen Handyvideo vom Krieg. Nur, dass sie mitten in Berlin steht, während in Kiew echte Raketen herunterregnen.
Der Krieg in der Ukraine – für Lambrecht ist er wie eine spannende Schul-Exkursion, auf der man viele „besondere Eindrücke” und „tolle Menschen” getroffen hat. Und ein „herzliches Dankeschön“ – wofür eigentlich genau? Dafür, dass Putins Truppen in die Ukraine einmarschiert sind und sie deshalb so „besondere Eindrücke” sammeln konnte?
Alles an dem Video ist so unprofessionell, so naiv-dümmlich, so unwürdig für die „Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt“ der deutschen Bundeswehr, dass man sich fragen muss, wofür in ihrem Ministerium jährlich 1,1 Millionen Euro für Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben werden – und wie nüchtern sie zum Aufnahmezeitpunkt war.
Die gute Nachricht ist: Das Video fängt einmal mehr perfekt ein, was für eine völlige Fehlbesetzung Lambrecht im Verteidigungsressort ist. Man hat das Gefühl, sie bettelte in der Silvesternacht um ihren Rücktritt.
Wer kann es ihr verübeln: Seit sie im Amt ist, blamiert sie sich in einer Tour. Lambrecht ist die Chefin einer Armee, die im Kriegsfall nicht mehr als zwei Wochen kämpfen können, weil danach die Munition ausgeht. Das fiel der Ministerin nach ungefähr einem Jahr im Amt auf. Statt sich um die grundlegenden Probleme der Truppe zu kümmern, war sie eher damit beschäftigt, ihren Sohn im Bundeswehr-Helikopter auf dem Weg nach Sylt für den familiären Instagram-Glamour abzulichten.
Und die von Kanzler Scholz groß versprochene „Zeitenwende” für Deutschlands Bundeswehr blieb unter ihrer Führung aus. Statt die Verteidigungsausgaben auf das seit Jahren nicht eingehaltene Zwei-Prozentziel der NATO zu erhöhen, sind sie im Haushalt 2023 sogar GESUNKEN.
Als Lambrecht, viel zu spät, das Finanzministerium kurzfristig um Finanzhilfe bat, kanzelte man sie dort ab und attestierte ihrem Ministerium „komplizierte, teils intransparente und inkonsequente Bedarfsplanung sowie bürokratische Bestellprozesse”. Außerdem merkte man im Finanzressort an, dass sie die „Notwendigkeit der Munitionsbeschaffung weder bei der Verhandlung zum Sondervermögen und dessen Wirtschaftsplan, noch im Zuge des parlamentarischen Verfahrens zum Ausdruck gebracht” habe. Kurzum: Sie hat die Bestellung verschlafen.
Olaf Scholz nennt Lambrecht eine „erstklassige Verteidigungsministerin“. Die Wahrheit ist: Lambrecht ist genau so erstklassig wie der Zustand der Bundeswehr. Peinlich wäre das netteste Wort, was zu ihr passt. Gefährlich das treffendere. In Friedenszeiten mag eine peinlich-gefährliche Verteidigungsministerin nicht weiter stören. Bei einem Krieg vor der eigenen Haustür ist sie ein Sicherheitsrisiko.