
Pleiteticker-Kommentar
Von Sven Versteegen
„Ein Stück weit populistisch“ – Bundesgesundheitsminister Lauterbach rechnet mit einer neuen Winterwelle und kritisiert die geplanten Lockerungen der Bundesländer deshalb scharf. Während Corona überall in Europa und der Welt kaum noch eine Rolle spielt, bezeichnet Lauterbach die längst überfälligen Öffnungsschritte als einen populistischen „Überbietungswettbewerb“.
Erst vor Kurzem musste Karl Lauterbach selbst eingestehen, dass die Schließungen von Kitas während der ersten Corona-Wellen unnötig und damit ein schwerer Fehler waren. Und das ist nicht die einzige Corona-Maßnahme, die den Anschein von sicherem Schutz und Verhältnismäßigkeit inzwischen verloren hat – in Studien und Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass Lockdowns kaum oder keine Corona-Toten verhindern konnten und auch Masken bieten nicht den allumfassenden Schutz, der den Bürgern versprochen wurde.
Trotzdem kann Lauterbach einfach nicht loslassen: Während eines Auftritts im Bayerischen Rundfunk warnte unser Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) – mal wieder – vor einem gefährlichen Winter. „Ich glaube, dass wir noch einmal eine Winterwelle bekommen werden“, so Lauterbach. Er könne die „Eile“ der Bundesländer bei den Lockerungen deshalb nicht verstehen und findet drastische Worte: „Jetzt gibt es hier einen Überbietungswettbewerb: Welches Land kann zuerst lockern? Das ist ein Stück weit populistisch.“
Den deutschen Bürgern angesichts eines Virus, dass für die meisten Menschen inzwischen nicht mehr als eine heftige Erkältung oder normale Grippe ist, nach fast drei Jahren voller Einschränkungen endlich ihr Recht auf selbstbestimmten Gesundheitsschutz und Eigenverantwortung zurück zu geben, findet Herr Lauterbach also „populistisch“ – Länder wie Großbritannien und Spanien, die Corona aus zuvor genannten Gründen nur noch wie eine normale Grippe behandeln wollen, damit wahrscheinlich auch.
Lauterbach argumentierte damit, dass weiterhin rund 1.000 Menschen pro Woche mit Covid-19 sterben – wohlgemerkt „mit“ und nicht „an“ Covid-19. Besonders in die Kritik nimmt er die Bundesländer Bayern und Mecklenburg-Vorpommern, welche planen auch die Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr aufzuheben. Erst zum 1. Oktober verpflichtete Lauterbach zum Tragen einer FFP2-Maske im Fernverkehr. Für ihn ist alles andere „leichtsinnig” – die Abschaffung sei eine Maßnahme, der man sich nicht anschließen werde.
Im Gegensatz zu Karl Lauterbach schaut der Virologe Christian Drosten optimistisch in die nächsten Monate. „Es ist nicht mehr so, dass das Virus mit ein paar Mutationen das Spiel komplett drehen könnte.” Für ihn sind die rasch abfallen Wellen ohne weitere staatliche Eingriffe Hinweise auf das Ende der Pandemie. Allein wenn die Omikron-Variante BQ.1.1 dominant werde, sehe er Schwierigkeiten für den Winter. Auch konträr zum Gesundheitsminister reduzierte der Virologe bereits seine öffentlichen Auftritte, er verkraftet das Ende der Pandemie scheinbar besser als Karl Lauterbach.