Wolfgang Bosbach ist noch heute erschrocken über die willenlose Gefolgschaft der Deutschen in der Corona-Politik. Über Gesundheitsminister Karl Lauterbach sagt er: „Der hat das Volk geschickt aber in der Sache falsch jahrelang in Angst und Schrecken versetzt.“
In der Corona-Politik hat vor allem der Bundesgesundheitsminister die Deutschen in Angst und Schrecken versetzt, analysiert der langjährige CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach (79) im Gespräch mit dem Interview-Portal „Schuler! Fragen, was ist“. „Corona hat die Politik mehr verändert als umgekehrt“, sagte Bosbach.
Vor allem der Bundesgesundheitsminister habe massiv zur Verunsicherung der Bevölkerung beigetragen, sagte Bosbach. „Insbesondere Karl Lauterbach hat ja jahrelang das Märchen erzählt, ihr müsst nur alle mir und meinem Weg folgen, und alles wird gut. Und jetzt erleben wir, dass Länder, die genau das Gegenteil gemacht haben, besser abgeschnitten haben als die Bundesrepublik Deutschland, wie beispielsweise Schweden.“
Auf die Frage, welche Erfahrungen er persönlich aus der Corona-Zeit gezogen habe, sagte Bosbach: „Ich persönlich war darüber überrascht, wie viele es doch gab, die klaglos alle Freiheitseinschränkungen akzeptiert haben – auch, weil Lauterbach immer wieder erzählt hat, wenn ihr mir nicht folgt: Tragödie, Apokalypse, das Ende, Killer-Variante. Der hat das Volk geschickt aber in der Sache falsch jahrelang in Angst und Schrecken versetzt.
Dass hat mich gewundert, dass da nicht mehr nachgefragt wurde, stimmt das eigentlich, was der uns da alles erzählt.“
Und: „Das zweite war: Wir haben zu schnell zwei Gruppen gebildet. Die einen, die brav allen Regeln folgen. Alle anderen waren Verschwörungstheoretiker, Aluhut-Träger, irgendwie Verpeilte. Es gab aber auch Millionen, die haben nicht Corona angezweifelt, nicht die Gefährlichkeit einer Virusinfektion, aber sie haben die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel gestellt. Aber die sind ja in der Öffentlichkeit kaum vorgekommen, und in den Medien allemal nicht.“
Lauterbach habe mir seinem Alarmismus bewusst die Öffentlichkeit gesucht, sagte Bosbach: „Er wusste ja: Wenn ich vorkommen will in der Öffentlichkeit, dann muss ich dramatisieren. Und jede Redaktion wusste: Wenn du Lauterbach einlädst, bist du auf der sicheren Seite, denn am nächsten Tag kommt die Schlagzeile ,Lauterbach warnt vor…‘. Das kommt ja besser an als abgewogen argumentiert. Lauterbach hat sich dann selbst in diese Spirale hinein gedreht. Er musste immer schriller formulieren, um sich immer wieder selbst zu toppen. Da wurde mal Spanien beleidigt, dann wurde mal Schweden beleidigt, so hat er sich in den Schlagzeilen gehalten. Und so ist er auch Bundesgesundheitsminister geworden.“
Bosbach zeigte sich optimistisch, die Politik in Zukunft mit Grundrechtseingriffen vorsichtiger umgehe. Auf die Frage, ob Corona eine Art Probelauf für künftige Grundrechtseingriffe darstelle, sagte er: „Das glaube ich deshalb nicht, weil im Moment doch berechtigte Zweifel gibt an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen. Es gab einige gerichtliche Entscheidungen, die das korrigiert haben. Nicht alle einstweiligen Verfügungen hatten Erfolg. Aber es gab doch viele Gerichte, die gesagt haben: Halt! So nicht! Und mittlerweile rudert ja auch Lauterbach stark zurück, insbesondere beim Thema Kita, Schulen, Kontakteinschränkungen, soziale Probleme von Kindern und Jugendlichen da korrigiert er sich ja gerade selber.
Man muss der Politik ja eines zugute halten: Wenn man mal von der spanischen Grippe absieht, war die Lage ja ohne historisches Vorbild in der Neuzeit. Die Bundesregierung war sehr unsicher. Da galt die Prämisse ,safety first“, obwohl auch ich mich bei manchen Maßnahmen gefragt habe, ob das wirklich verhältnismäßig und zielführend ist.“
Zur Aufarbeitung der Corona-Politik schlägt Bosbach einen Untersuchungsausschuss vor. „Wenn ich mir überlege, wofür wir schon alles Untersuchungsausschüsse gemacht haben: da wäre ein Untersuchungsausschuss wirklich mal angebracht.“