
Die Milchindustrie leidet unter zunehmender Rohstoffknappheit. Die Milchmenge sinkt, die wertgebenden Inhaltsstoffe Eiweiß und Fett gehen zurück. Milchindustrie-Verbände erwarten weitere Preissteigerungen. Ursache ist nicht nur die Energiekrise – die grüne Landwirtschaftspolitik bewirkt schon seit Jahren einen Rückgang der Milchproduktion.
Schon seit zwei Jahren produzieren Milchbauern in Deutschland immer weniger Rohmilch. Entsprechend steigen die Preise. Vor einem Jahr zahlten der Molkerei-Riese DMK seinen Produzenten noch 36 Cent pro Kilo Rohmilch, inzwischen sind es 60 Cent. Nicht nur der Rohstoffmangel bringe die Molkereien in Bedrängnis, auch die hohen Kosten für Energie, Verpackung, Logistik und Löhne belasten die Betriebe. Die Milchindustrie sieht sich gezwungen, die hohen Kosten an den Verbraucher weiterzugeben. „Wir stehen vor weiteren Preiserhöhungen“, erklärte Peter Stahl, Vorsitzender des Milchindustrie-Verbandes und Chef von Hochland, auf einer Verbandstagung in Berlin. Betoffen seien unter anderem die Preise für Trinkmilch und Käse.
Die Preissteigerungen sorgen für Unmut bei den Milchverarbeitern, sie werfen den Landwirten vor, sich an den hohen Rohmilchpreisen zu bereichern. Die Bauern weisen diese Vorwürfe zurück. „Die vergangenen drei trockenen Jahre haben zu enormen Mehrkosten geführt. Da brauchten wir Gelder von den Banken, um etwa zusätzliches Futter zu kaufen“, erklärt Milchproduzent Michael Seegers bei RP Online. Seine Ware wird unter anderem in der „Bärenmarke“-Milch verarbeitet. Außerdem müssen die Landwirte die immer höheren Kosten für Diesel, Heizung und Dünger stemmen – dafür brauchen sie die zusätzlichen Einnahmen.
Der Verbraucher bekommt die finanzielle Notlage der Milchbauern nicht nur durch erhöhte Preise zu spüren. Immer mehr Bauern sparen aus Kostengründen am Kraftfutter für ihre Tiere – in Folge wird die Qualität der Milch immer schlechter. Laut der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung hat der Fettgehalt deutscher Milch im Juli 2022 einen historischen Tiefstand erreicht. Auch die Eiweißgehalte der Milch fallen geringer aus als in der Vorjahren.
Verantwortlich für die Milchknappheit ist laut einigen Branchenkennern auch die grüne Landwirtschaftspolitik in Deutschland und der EU. Einschränkungen durch den Europäischen Green Deal, die Klimapolitik und nationale Nitrat-Restriktionen würden auch in Zukunft zu einem weiteren Rückgang der Milcherzeugung in Europa führen, erklärte Josef Stitzl, Geschäftsführer von Käsehersteller „Hochland“ in der Lebensmittel Zeitung. Die immer strengeren Vorgaben der Politik zwingen viele Landwirte in die Knie. „Es haben extrem viele mit der Milchproduktion aufgehört“, berichtet Milchbauer Seggers. „Bei uns vor Ort, aber vor allem in Ostdeutschland. Da werden derzeit ganze Herden verkauft. Die Arbeitskräfte sind nicht mehr da“. Die Zukunft der Milchbauern sei ungewiss. Die deutsche Milch wird Mangelware.