In Berliner Freibädern dürfen auch Frauen ab sofort oben ohne baden. Trifft dieses Jahr nackte Haut auf gewaltbereite Jugendliche mit Frauenbild aus der Steinzeit? Oder kommt es aus Angst gar nicht erst dazu?

Bikini-Tops sind ab sofort optional: Nachdem eine Frau sich erfolgreich bei der Landesstelle für Gleichberechtigung beschwert hat, müssen alle Berliner Badebetriebe ab sofort ihre Haus- und Badeordnung „diskriminierungsfrei“ anpassen. Das hatte die „Ombudstelle der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung“ durchgesetzt. Damit darf der lateinamerikanische Zweiteiler (Bikinihose und passender Sonnenhut) in Berlin einziehen. Einige Medien berichteten, diese Regelung würde ab sofort auch für „Personen mit weiblich gelesener Brust“ gelten. Meiner Meinung nach stellt das eine eindeutige Diskriminierung gegen gleich zwei Gruppen dar: Damen mit A-Körbchen und Männer mit klarer Vorliebe zu Bier.
2021 kam die Debatte um die weibliche Brust als Ausblick in Berliner Freibädern zuerst so richtig aus. Eine Frau war aus der berüchtigten Wasserplansche im Treptower Park geworfen worden, nach dem sie sich geweigert hatte, sich etwas überzuziehen. Dieser Fall endete sogar in einem Rechtsstreit – dem „Plansche-Fall“. Die Dame verklagte den Bezirk und die Stadt Berlin auf eine 10.000 Euro Entschädigung (man kann’s ja mal versuchen), die Richterin lehnte dies allerdings ab, da sie keine Diskriminierung erkennen konnte. In der Verhandlung soll sie gesagt haben, es gebe eben „verklemmte“ Menschen, da könnte man „sich ruhig ein T-Shirt überziehen“. Auch diese Betroffene hatte sich an die Ombudstelle gewandt, woraufhin die Plansche die Hausordnung änderte.
Die absurde Debatte um die weibliche Brust
Diese ganze Debatte ist doch ziemlich amüsant zu beobachten. Auf der einen Seite die Frauen, die meinen, sie würden den Männern jetzt so richtig eine reinwürgen, wenn sie sich ihnen aus Protest halb nackt präsentieren. Auf der anderen Seite, die Konservativen die darin tatsächlich den Untergang der anständigen Gesellschaft sehen, von wegen „Wer kauft schon die Kuh, wenn er die Milch auch so kriegen kann“. Dann das Argument: „Denkt doch an die Kinder!“ Was seltsam ist, da (zumindest kleine) Kinder ja die einzigen sind, die tatsächlich ohne die weibliche Brust nicht leben können. Und dann gibt es da noch eine Gruppe, an die in diesen Diskussionen nie gedacht wird, die am Ende aber das letzt Wort haben werden: Die, die noch nicht so lange hier leben und deshalb mit der emanzipierten, entblössten Frau so gar nichts anfangen können.
Die Bädersprecherin Kristina Tschenett sagte der taz: ob Burkinis oder oberkörperfrei, man wolle „In den Bädern der Vielfältigkeit von Berlin durch weitgehende Toleranz gerecht werden“. Wie interessant, dass in der Diskussion über Badebekleidung immer nur über die Frau diskutiert wird. Muss sie nun komplett versteckt werden, darf sie sich ausziehen, wie viel darf sie sich ausziehen? Während die unansehnlichsten Männer sich frei austoben können, steht zur Diskussion, ob der Anblick der weiblichen Brust wirklich so schwer ertragen ist. Das Ende vom Lied dürfte folgendermaßen enden: Sowohl Oberkörperfrei und Burkinis sind auf dem Papier erlaubt. In der Praxis wird dann aber das eine nur mit Polizeischutz möglich sein, während das andere mal einen komischen Blick bekommt.
Wenn ich daran erinnern darf: Letzten Sommer war in den Berliner Freibädern die Hölle los. Spaßorientierte Jugendliche mit Hang zur Gewalt dominierten die Bäder, belästigten Frauen, zettelten Prügeleinen an und raubten ganz im Allgemeinen das Vertrauen in den Rechtsstaat – aus dem Freibad wurde plötzlich Fallujah. Überhaupt eine Frau in einem Freibad anzutreffen, war schon fast unmöglich. Eine leichtbekleidete Dame, die auch nur einen Zeh ins Wasser stecken konnte, bevor sie die frauenverachtende Kultur der anderen Schwimmer zu spüren bekam, dürfte es gar nicht gegeben haben. An oben ohne war da gleich gar nicht zu denken. Junge Frauen, die die 68er nicht miterlebt haben und waschechte Hippes nur aus Erzählungen kennen, haben entblößte Frauen als Normalität in deutschen Freibädern wohl noch nie wirklich erlebt. Das liegt allerdings nicht daran, dass die Damen von heutzutage prüder geworden sind – das beweist der Anblick, den sie an den Stränden von Mallorca und Co bieten.
Berliner Freibad? Nicht ohne Burkini!
Das Problem ist der Ort – konkret: diejenigen die sich noch an diesem Ort aufhalten. Auf Malle schaut man bei einer Frau ohne Bikinioberteil nicht zweimal. Sie muss sich keine Sorgen machen, belästigt, angegrapscht oder gar angegriffen zu werden. Sie können sich in Frieden bräunen – ohne Angst oder Bräunungsstreifen. In Deutschland ist das komplett anders. Ich persönlich fordere mein Recht auf eine ebene Bräunung auf Mallorca ganz selbstverständlich ein. In Deutschland würde ich mich nicht mal im Burkini auf 100 Meter einem Freibad nähern. Ich bin ja nicht lebensmüde. In den Sozialen Medien wird der Vorstoß der Antidiskriminierungsstelle in diesem Zusammenhang scharf kritisiert. Und sicher – es ist weltfremd, zu glauben, dass hier nicht zwei Welten aufeinander prallen würden. Aber das Problem sind nicht die Frauen. Es sind die Männer, die glauben, sie könnten sich nehmen, was sie haben wollen. Es ist die Kultur, die eine Frau nur als ehrbar erachtet, wenn sie zum Schatten wird. Und es ist die Politik, die sich nicht traut dieses Problem anzusprechen.