Die Klimaaktivisten Yannick S. und Luisa S. äußern sich zu ihrer viel diskutierten Flugreise nach Fernost und erklären, wer und was die Schuld an der Misere hat. Hinweis vorab: Sie selbst natürlich nicht.

Ihr Urlaubsflug schlug hohe Wellen: Die beiden Aktivisten der „letzten Generation“, Yannick S. Und Luisa S., gerieten plötzlich in die Öffentlichkeit, nachdem die Bild einen angeblichen Flug der beiden auf die indonesische Insel Bali aufgriff. Klimakleber fliegen ins Jetsetter-Paradies? Die Heuchelei schlechthin! Doch das ist alles gar nicht so, beteuern die beiden Klimakleber und -sünder. Und überhaupt: Schuld haben sie daran auch nicht.
In einem Gastbeitrag für die Online-Ausgabe der taz bekamen beide Gelegenheit, ihren viel diskutierten Flug zu erklären. „Nun ist es aber so, dass wir momentan nicht auf Bali in der Sonne liegen“, beginnt der Artikel – die beiden stellen klar, dass sie aktuell in Thailand, nicht in Indonesien sind. Da mussten sie, Klima hin oder her, aber unbedingt hin: Weil die Reise „ein langjähriger Traum von Luisa ist“.
Und eigentlich, beteuern die beiden, wollten sie die Reise ursprünglich ganz ohne Flugzeug antreten. Doch nichts geringeres als die geopolitischen Verwerfungen der Welt hätten sie daran gehindert, mit Bussen und Zügen zu reisen. Ja, kein Witz: „Der russische Angriffskrieg, der syrische Bürgerkrieg, die türkischen Invasoren im Nordirak, die Machtergreifung der Taliban, die Spannungen in der Kaschmir-Region und der Militärputsch in Myanmar“ sind alle daran schuld, dass Yannick und Luisa in den Flieger gestiegen sind. Und die Mullahs im Iran auch: „Wir hätten in den Iran gekonnt und erst dort in ein Flugzeug steigen können“, schreiben die beiden. „Doch leider ist das durch die momentanen Proteste und deren brutale Niederschlagung und Unterdrückung für die Rückreise absolut nicht möglich.“ Der Flug nach Thailand war also nicht nur Traumerfüllung für Luisa, sondern auch noch Widerstand gegen alle unterdrückerischen Regime von hier bis Südostasien – wie beeindruckend!
Warum hat die Politik uns nicht aufgehalten?
Weiter heißt es: „Jedes Gramm CO2-Äquivalent ist eines zu viel und jede Tonne erst recht. Doch denken wir, dass nicht Klimaaktivist*innen in eine besondere Pflicht genommen werden müssen, sondern jede*r nach menschs Möglichkeiten.“ Denn dass die beiden mantraartig zu Verzicht auffordern, heißt noch lange nicht, dass sie selbst verzichten müssen – oder überhaupt irgendeine Verantwortung haben.
Denn nicht nur Putin, Assad, Erdogan und die Taliban sind schuld daran, dass Yannick und Luisa nach Thailand fliegen mussten – auch die deutsche Bundesregierung ist es. „Es muss aber auch Aufgabe der Politik sein, für das Klima schlechte Entscheidungen, wie die unsere, zu verhindern und in gute zu lenken“. Richtig – Berlin ist schuld, dass Yannick und Louisa fliegen mussten! Genauso wie Putin und die Taliban. Eigentlich, so lernt man, haben alle außer Yannick und Luisa selbst schuld an ihrem Flug nach Thailand, der ja zwingend notwendig war.
Dennoch geloben die beiden Aktivisten Besserung. Ihre Rückreise wollten sie ab der Türkei ohne Flugzeug gestalten. Der Flug dahin sei dann „der letzte Flug ihres Lebens“. Von Istanbul aus werden Yannick und Luisa also klimagerecht mit Bus und Bahn nach Deutschland kommen. Dann werden sie bald wieder dabei sein, sich voller moralischem Furor vor die Autos all der Pendler zu kleben, die liebend gerne einmal im Leben nach Thailand fliegen würden – wenn sie denn das Geld dazu hätten.