Lothar Wieler, der Präsident des Robert-Koch-Instituts, hat Kritik an den Schulschließungen während der Corona-Pandemie geäußert. Laut ihm hätten die Schulen offenbleiben können. Noch im Dezember 2021 sprach er sich jedoch für de facto Schulschließungen aus.

Der scheidende Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, hat in einem Interview mit der Wochenzeitung DIE ZEIT die Schulschließungen während der Pandemie kritisiert. „Es gab nie nur die Alternative: Entweder wenige Tote oder Schulen offen halten“, so Wieler. Er betont, dass der vorhandene Spielraum während der gesamten Pandemie nicht ausreichend sorgfältig, ruhig und sachlich betrachtet wurde. Das RKI habe immer Empfehlungen abgegeben, mit denen man den Betrieb in Schulen und Kitas hätte aufrechterhalten können, wenn auch unter Anstrengungen.
Wieler forderte eine gründliche Aufarbeitung der Pandemie und sagte, als Wissenschaftler wolle er wissen, welche Maßnahmen adäquat waren und welche Kosten-Nutzen-Effekte es gab. Er betont, dass dies fundiert „als saubere Analyse” geschehen muss.
Er lehnt die Forderungen nach institutioneller Unabhängigkeit des RKI vom Bundesgesundheitsministerium ab und sagte, dass das RKI seine wichtige Funktion als gesetzlich legitimierte Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politikberatung verlieren würde, wenn es unabhängig würde. Er betonte, dass dies eine Stärke des deutschen Forschungssystems sei und dass man diese nicht einfach aufgeben sollte, nur weil es gerade populär sei.
Als eigenes Versäumnis nannte Wieler, dass er zu Beginn der Pandemie „nicht optimal kommuniziert“ habe und dass er mehr Gespräche hätte führen sollen, um die komplexen Geschehnisse besser einzuordnen. Er gab zu, dass er dies zu wenig getan habe.
Im Dezember 2021 sprach sich Wieler durch das RKI noch für eine Verlängerung der Schulferien aus. Diese hätten eine de facto Schulschließung zur Folge gehabt.