
In der Silvesternacht hat sich gezeigt, wie sehr junge Männer das Land, in dem sie leben, und seine Repräsentanten verachten. Wie wenig Respekt sie vor Gesetz und Ordnung haben und zu welcher Gewalt sie bereit sind. Doch noch lauter als das Donnern der Böller ist das Schweigen der bundespolitisch Verantwortlichen: Kein einziger Chef der größten Parteien des Landes hat sich zu den Vorfällen, den Tätern und den Hintergründen geäußert.
SPD
Von der Parteispitze der Kanzler-Partei SPD: kein Wort. Der Bundeskanzler, Olaf Scholz höchstselbst, hat sich geäußert: „Auf das Schärfste“ verurteile er die Angriffe auf Polizei und Rettungskräfte – die abgedroschenste, folgenloseste Floskel, die die politische Nomenklatur kennt.
Kein Wort dazu, WER da seiner Verachtung gegenüber dem Staat und seinen Regeln in Form Angriffen auf seine Repräsentanten – Polizei & Retter – zeigt. Obwohl Polizisten und Feuerwehrleute berichten, dass sie von jungen Männern, meist mit Migrationshintergrund, angegriffen wurden. Obwohl die Daten der Festgenommenen aus Berlin (100 von 145 Personen hatten keinen deutschen Pass) klar belegen, welche Gruppe stark überrepräsentiert war.
Grüne
Auch von der Grünen-Parteispitze: kein Wort. Nur wenige brachen das Schweigen. „Schäbig“ nannte es hingegen Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz, „die Schuld nun bei Migranten suchen“. Mit Blick auf die (oben genannten) Zahlen und Augenzeugenberichte, grenzt der Vorwurf an Realitätsverweigerung.
Selbes gilt für die grüne (sic!) Integrationsministern von Schleswig Holstein, Aminata Touré. Sie lehne wochenlange „dämliche Metadebatten über Integration“ ab, wie sie bei Twitter schrieb. Touré sieht in einem Böllerverbot eine „so einfache Lösung für ein klares Problem“.
Wie ein Böllerverbot Angriffe mit Steinen und Eisenstangen auf Polizisten oder Feuerlöscher-Würfe auf Rettungswagen, wie in Berlin geschehen, verhindern sollen, ging aus den Ausführungen der „Integrationsministerin“ nicht hervor.
FDP
Auch von FDP-Parteichef Christian Lindner: nichts. Statt die – wie ursprünglich versprochen – bürgerliche Fahne in der linken Ampel-Regierung hochzuhalten und das Gewalt-Problem, das derzeit Millionen Deutsche bewegt, aufzugreifen, sprach der Bundesfinanzminister über Steuersenkungen – sicher relevant, aber nicht dringlich.
FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle redete im Gespräch mit dem „Deutschlandfunk“ um den heißen Brei herum, sprach von „krassen Grenzüberschreitungen“, „gesamtgesellschaftlichen Tendenzen“, „Ghettoisierung und Perspektivlosigkeit“ in bestimmten Stadtteilen und sozialen und auch städtebaulichen Strukturen vor allem in Großstädten, die Gewaltbereitschaft befördern könne.
Dass es sich in der Mehrzahl um junge Migranten handelte und dass auch über Versagen bei der Integration gesprochen werden sollte, räumte Kuhle erst auf Nachfrage des Moderators ein.
Die FDP-Politiker Katja Adler, die bei Twitter vom „eigentlichen Problem verfehlter Migrationspolitk“ und „kultureller Überfremdung“ sprach, ruderte nach zahllosen Rassismus-Vorwürfen wieder zurück.
CDU/CSU
Und auch aus den Parteizentralen der Unionsparteien CDU und CSU: kein Wort. Beide, CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder, haben sich zu Jahresbeginn lieber an der hilflosen Verteidigungsminister Christine Lambrecht von der SPD abgearbeitet und ihren Rücktritt gefordert. Ob es das ist, was ihre bürgerlich-konservative Wählerschaft am meisten bewegt, darf bezweifelt werden.
Söder nutzte die Böller-Angriffe auf Polizei und Rettungskräfte nur, um gegen die Berliner Landesregierung auszuteilen: „Das ist in Bayern ganz anders. Wir lassen keine rechtsfreien Räume entstehen“, so Söder. Auch er verlor kein Wort zu den Hintergründen.
Einzig CDU-Innenexperte Christoph de Vries wurde deutlich: „Wenn wir Krawalle in unseren Großstädten, Verachtung gegenüber dem Staat und Übergriffe gegen Polizisten und Feuerwehrleute wirklich bekämpfen wollen, müssen wir auch über die Rolle von Personen, Phänotypus: westasiatisch, dunklerer Hauttyp sprechen.“
Dabei verwendete de Vries die Begriffe aus dem Leitfaden des LKA Berlin für „diskriminierungssensible“ Sprache, um die Mehrzahl der Täter zu beschreiben – trotzdem wurde ihm von vielen Seiten Rassismus vorgeworfen.