
Kommentar von Max Roland
Vergangene Woche machte die Grünen-Politikerin Julia Willie Hamburg Schlagzeilen. Die 36-Jährige soll bald als Vertreterin des Landes Niedersachsen im Aufsichtsrat des Autobauers VW sitzen. Das sorgte deutschlandweit für Stirnrunzeln. Hamburg ist nicht nur eine erklärte Auto-Hasserin und Gegnerin des motorisierten Individualverkehrs, sondern sie verfügt auch über keine fachlichen Eignungen, die sie für einen Platz im Aufsichtsrat qualifizieren würden. In der SPD werden hingegen nun ernsthaft Forderungen nach einer „Dönerpreisbremse“ laut. Der Ampel fehlt es an Qualifikation und an Sachverstand.
Mit Wirtschafts- und Industriepolitik hat Hamburg als Kulturministerin rein gar nichts zu tun. Sie kann weder einen beruflichen noch einen akademischen Abschluss vorweisen. Hamburg studierte Anfang der 2000er Politikwissenschaften, brach das Studium dann zugunsten einer Funktionärskarriere ab – erst bei der Grünen Jugend, dann bei den Grünen selbst. Das ist nichtmal mehr „Kreissaal, Hörsaal, Plenarsaal“, wie man über diesen Politikertyp gerne spottet – selbst den Hörsaal hat die Grünen-Politikerin übersprungen.
Es ist kein Wunder, dass immer mehr Menschen bei so einer Politik Bauchschmerzen bekommen. Ja: Politik setzt zunächst keine bestimmten Qualifikationen voraus. Niemand muss studiert oder einen Doktortitel haben, um als Politiker ernstgenommen zu werden. Aber zu wissen, was reguläre Arbeit bedeutet – das sollte man von Volksvertretern schon erwarten können. Denn wer nicht weiß, was das Leben eines normalen Arbeitnehmers mit sich bringt, der kann auch keine gute Politik für diese machen. Wer nicht weiß, wie wirtschaftliche Zusammenhänge in einem Betrieb funktionieren, der kann auch keine gute Politik für die Unternehmen in diesem Land machen.
Doch Sachverstand scheint immer optionaler zu werden in einer Politik, die sich auch zunehmend von der Realität in diesem Land verabschiedet hat. Wir haben einen Wirtschaftsminister, der meint, Unternehmen könnten aufhören zu arbeiten, aber nicht insolvent gehen; Einen Rat an „Wirtschaftsweisen“, der einer historischen Wirtschaftskrise ernsthaft mit Steuererhöhungen für Unternehmen begegnen will. Ökonomisches Grundverständnis, so scheint es, hat keinen Platz mehr in einer Politik, in der es immer wenige um kalte, objektive Zahlen, sondern um das warme, subjektive der Gefühle geht. Eine Maßnahme muss nicht mehr richtig sein – sie muss sich nur richtig anfühlen.
Die Krönung der ökonomischen Verirrungen dieser Tage fand in Berlin statt – wen überrascht es. Dort besprach die SPD auf ihrem Parteitag am Wochenende ernsthaft eine „Dönerpreisbremse“. Ein Döner habe mal zwei Euro gekostet, so die SPD-Kreischefin von Charlottenburg-Wilmersdorf, Heike Hoffmann. Inzwischen liege der Preis bei 7,50 Euro. Aber das gehe wohl so einfach nicht, fürchtet Hoffmann – die verfassungsrechtliche Realität steht im Weg.
Ja, auch Döner ist teuer geworden – bis zu 10 Euro kann der Lieblingsimbiss der Deutschen mittlerweile kosten. Genauso und noch mehr hat sich aber alles andere verteuert. Vor diesem Hintergrund ist das eine bemerkenswerte Prioritätensetzung. Vor allem aber: Staatliche „Preisbremsen“ funktionieren nicht. Das war im Land der sozialen Marktwirtschaft einst Konsens: Preise bremste man vor allem durch Wettbewerb, wusste auch die SPD. Was folgt auf eine Dönerpreisbremse – eine Fleischpreisbremse, eine Brotpreisbremse und eine Krautpreisbremse? Ein Vorschlag, der so absurd ist, dass er eigentlich nur Stoff für die Programme von Satireparteien war. Jetzt wird er von Regierungsparteien in der deutschen Hauptstadt besprochen.
Ob eine ungelernte Autohasserin wie Julia Willie Hamburg im Aufsichtsrat von Deutschlands führendem Auto-Konzern oder absurde Ideen einer „Dönerpreisbremse“ in der Bundeshauptstadt – dass es dieser Tage schlecht um’s ökonomische Sachverständnis steht, sieht man überall. Aber kein Wunder. In einem Land, in dem der Wirtschaftsminister meint, Unternehmen könnten ohne Insolvenz einfach ‚aufhören zu arbeiten‘ kann man ohnehin nur feststellen: Dieses Land wird von Idioten regiert.