
Pleiteticker-Kommentar
Von Pauline Schwarz
Die explosionsartig angestiegenen Energiekosten treffen auch die deutschen Krankenhäuser mit voller Härte – die können die Kosten aber weder an ihre Patienten weitergeben, noch sonderlich viel Sparen, ohne medizinische Standards und damit auch die Patientensicherheit zu gefährden.
Gespart werden kann hauptsächlich an einer Stelle, an den eigenen Mitarbeitern. In Trier will man seine Mitarbeiter trotz Personalmangel und Überlastung nun Treppen steigen lassen.
Das Krankenhaus der barmherzigen Brüder in Trier ist eines der größten Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz und wurde bereits mehrfach als eines der besten Krankenhäuser Deutschlands ausgezeichnet. Neuste Nachrichten lassen daran aber zumindest im Punkt Mitarbeiter-Freundlichkeit ernsthaft zweifeln: Laut dem Trierer Volksfreund werden die Mitarbeiter nicht nur dazu angehalten die Heizung runterzudrehen, sie sollen statt den Aufzügen die Treppen nutzen, um Energie zu sparen.
Was zunächst nach einer kleinen, wenig aufreibenden Maßnahme klingen mag, muss für all diejenigen, die sich in zwei Jahren Corona aufgeopfert und unter kaum erträglichen Umständen krumm gearbeitet haben ein Schlag ins Gesicht sein. Menschen die erschöpft und gestresst sind, die vor die Wahl gestellt wurden, sich entweder Impfen zu lassen oder beim Arbeitsamt anzumelden, sollen sich jetzt auch noch schief angucken lassen, wenn sie sich nicht die Treppe hochquälen?
Mir persönlich raubt das die Worte. Man kann an vielem Sparen, aber nicht an den eigenen, sowieso schon völlig überlasteten, Mitarbeitern. Schon ohne Energiespar- und Corona-Wahnsinn ist die Arbeit in einem Krankenhaus kein Zuckerschlecken. Schichtdienst, Rufbereitschaft und Personalmangel sind hier keine Ausnahmen, sondern die Regel. Es gibt Ärzte und Pfleger die 48-Stunden am Stück durcharbeiten müssen – eine körperliche und psychische Extrembelastung. Von der Bürde jeden Tag Menschen sterben und trauern zu sehen, mal ganz abgesehen.
Früher war mir das Ausmaß der Belastung von Krankenhaus-Mitarbeitern selbst nicht bewusst, doch das hat sich mit nur einem einzigen Erlebnis schlagartig geändert: Wenn man mitbekommt, wie eine Ärztin einem 17-jährigen Jungen ohne Beisein seiner Eltern sagt, dass er Krebs hat und daran sterben könnte, ist der erste Gedanke „was für eine herzlose, stumpfe, verantwortungslose Frau”. Doch wenn man nur Sekunden später sieht, wie die abgemagerte Frau mit den tiefen Augenringen vom Patientenzimmer weiter zur nächsten Station RENNT, dann hinterfragt man gar nichts mehr.
Diesen Menschen, die von Patient zu Patient rennen müssen, weil sie nicht genug Kollegen haben, die kaum Schlafen, keine Mittagspausen machen, nichts essen und in den meisten Fällen wohl trotzdem ihr Bestes geben, will man jetzt allen Ernstes absprechen den Fahrstuhl in den fünften Stock zu nehmen? In einer Einrichtung in der jede Sekunde über Leben und Tod entscheiden kann? Das ist nicht nur respektlos, das ist fahrlässig. Ich möchte nicht von einem Chirurgen operiert werden, der bei völliger Übermüdung sein letztes bisschen Kraft für den Aufstieg bis zum Op-Saal verschwendet hat.