
Pleiteticker-Kommentar
Von Pauline Schwarz
Die Deutsche Solidarität mit der LGBTQ-Community und der Kampf für Frauenrechte enden an der katarischen Grenze – doch nicht nur dort: Sie enden auch an der Grenze zu Berlin-Neukölln. Und das ist für uns noch viel gefährlicher, denn genau so bilden sich Parallelgesellschaften. Mit deutschen Werten hat das gar nichts mehr zu tun.
In Deutschland wird bei jeder sich bietenden Gelegenheit Solidarität mit der LGBTQ-Community gefordert – jugendliche Trans-Kinder, queere Werwölfe und selbst imaginierte Querschnittslähmungen, jede noch so bizarre Geschlechtsidentität, soll bedingungslos akzeptiert werden. Wie sich dank der Fußball-WM in Katar besonders deutlich zeigte, ist die „gelebte Toleranz” aber nicht viel mehr als gelebte Heuchelei. Den Scharia-Gesetzen, dank denen Homosexuelle mit dem Tod bestraft und vergewaltigte Frauen ausgepeitscht werden können, hat Deutschland nichts entgegenzusetzen – im Gegenteil: Wir trauen uns nicht mal mit dem Diversity-Flieger der Nationalmannschaft in Katar zu landen oder eine abgeschwächte Form der Regenbogenbinde zu tragen. Auf einen Aufschrei über die Äußerungen des katarischen WM-Botschafters, der Frauen als Süßigkeiten bezeichnete, die nicht das Haus verlassen sollten, wartete man ebenfalls vergeblich.
Der Grund ist einfach: Deutsche Solidarität endet an der katarischen Grenze. Doch nicht nur dort. Sie endet auch an der Grenze zu Berlin-Neukölln – und das ist für uns noch viel gefährlicher als unsere heuchlerische und rückgratlose Außenpolitik.
Neukölln ist ein Abbild des deutschen Werteverfalls
Wer einmal durch den Berliner Bezirk Neukölln hindurch spaziert ist, weiß wovon ich rede. Egal ob Sonnenallee, Hermannplatz oder Boddinstraße, man sieht weit und breit kaum noch jemanden, der nicht arabischer Herkunft ist. Die Geschäfte werden von kunstvollen arabischen Inschriften geziert, die Frauen tragen fast geschlossen Kopftuch, überall hängen Palästina- oder sogar verbotene Hamas-Flaggen und man hört kaum noch ein einzelnes Wort deutscher Sprache. Sowie mein Heimat-Bezirk Kreuzberg immer liebevoll „Klein Istanbul” genannt wurde, müsste Neukölln den Namen „Klein Tunis”, „Klein Kabul” oder „Klein Islamabad” tragen. Entgegen des grünen Narrativs von gelebter Vielfalt und Multikulti ist Neukölln aber leider nicht mehr als das Abbild einer gescheiterten Migrations- und Integrationspolitik – und ein Abbild des deutschen Werteverfalls. Von Toleranz kann nämlich nicht grade die Rede sein. Neukölln ist eine beinah in sich geschlossene islamische und in Teilen leider auch islamistische Community – und das bekommt man zu spüren: Sei es als Frau, als Homosexueller oder als Jude.
Ich habe manchmal, wenn ich die Sonnenallee herunterlaufe, wirklich das Gefühl, ich wäre nicht in Berlin, sondern irgendwo im Nahen Osten – und müsste mich auch so verhalten. Wenn jeder Blick verächtlich auf deinen kurzen Rock schweift, man auf offener Straße als Nutte bezeichnet und bespuckt wird, dann fühlt man sich nicht grade kulturell bereichert. Man fühlt sich verdammt unwohl und vor allem eines: Unsicher – und wie eine Fremde in seinem eigenen Land. Ich habe mir schon mehr als nur einmal gewünscht, statt eines Sommerkleids eine Hose und einen langen Mantel zu tragen – und ich weiß, dass das nicht nur mir, sondern zahlreichen Frauen so geht.
Ich habe Freundinnen, die sich absichtlich hässliche, viel zu weite Jacken kaufen, weil sie sich im Dunklen sonst nicht mehr alleine Nachhause trauen – die schöne und geliebte Kleidungsstücke tief im Schrank vergraben, weil sie sich darin auch tagsüber nicht mehr sicher fühlen. Als Frau Angst davor haben zu müssen, begrapscht oder bespuckt zu werden, nur weil man seine Beine oder etwas Dekolletee in der Öffentlichkeit zeigt, ist für ein Land wie Deutschland ein Armutszeugnis. Die freie und offene Gesellschaft, in der jeder angeblich so sein kann, wie er will und tragen kann, was er will, findet vielleicht noch in Bezirken wie Zehlendorf oder Städten wie München statt – aber sicher nicht in Neukölln, zumindest nicht für alle.
Homosexuellen- und Judenhass ist kein Einzelfall, sondern Alltag
Für Frauen ist das zumindest tagsüber vor allem unangenehm, doch für Schwule, Lesben, Transen oder Juden ist es gefährlich. Erst vor etwas mehr als zwei Monaten wurden zwei schwule Männer, die händchenhaltend die Straße entlangliefen, von einer vier- bis fünfköpfigen Männergruppe mit Pflastersteinen beworfen. Als die Steine das Pärchen verfehlten, liefen ihnen die Männer hinterher, bespuckten und beleidigten sie, bis einer schließlich mit einem Stock auf den Älteren der beiden einschlug. Und solche Übergriffe sind leider keine Seltenheit. Immer wieder werden Schwule, Lesben, Transen oder queere Menschen in Neukölln von Leuten angegriffen, die keine Skrupel kennen – die mit Messern zustechen und selbst am Boden liegenden Opfern noch gegen den Kopf treten. Die ihre Art zu leben und zu lieben „haram”, also verboten, finden. Es gibt Berichte von Betroffenen, die erzählen, dass selbst Polizisten ihnen geraten hätten, aus dem Bezirk wegzuziehen.
Auch wenn es viele nicht wahrhaben möchten: Neukölln ist für solche Menschen eine No-Go-Area – genau wie für Juden. Ich bin in Neukölln und Kreuzberg aufgewachsen und kannte selbst, bis ich volljährig war, keinen einzigen Juden – dafür kannte ich schon als Kind das Schimpfwort „Jahudi” (arabisch für Jude). Schon in der Grundschule war es für uns so alltäglich wie die Begriffe „Arschloch” oder „Wixxer” und hatte auch dieselbe Bedeutung. Ich habe erst Jahre später erfahren, was das Wort eigentlich bedeutet und muss zugeben, dass ich mich bis heute etwas dafür schäme, das so lange nicht hinterfragt zu haben. Es war einfach normal – in Kreuzberg, genau wie in Neukölln. Das Wort Jude als Schimpfwort zu benutzen, wird genauso toleriert, wie die antisemitischen Aufmärsche, die jedes Jahr in Neukölln stattfinden. Demonstrationen, zu denen Organisationen wie „Palästina spricht” oder „Samidoun” aufrufen – eine Gruppierung, die von Israel als Terrororganisation eingestuft wird.
Doch in Deutschland ist das alles kein Problem. In dem Land, in dem die Sicherheit der jüdischen Bevölkerung angeblich Staatsräson ist und das tatsächlich eine historische Verantwortung für den Schutz jüdischen Lebens haben sollte, sind Aufrufe zur Intifada beinah Alltag geworden. Ich habe selbst mal an einer israelischen Gegendemonstration zu so einem Aufmarsch teilgenommen und bin als „Kindermörder” und „Judenschwein” beschimpft und auf arabisch bedroht worden – alles nur wegen einer kleinen Israelflagge, weil ich automatisch als Feind gesehen wurde. Das war eine krasse Erfahrung, aber nur eine einzelne Erfahrung – für jüdische Menschen, die ihren Glauben offen zeigen, ist das Alltag. Deswegen tut das in Neukölln beinah niemand. Die, die es tun, müssen nicht selten mit Drohungen, Beleidigungen und aktiver Gewaltanwendung rechnen.
Politik und Medien schauen weg
All das wird also nicht nur in Katar, einer islamischen Diktatur, sondern auch bei uns, in unserem eigenen Land, in unserer Hauptstadt, toleriert. Obwohl der über die Jahre stetig wachsende islamistische Hass, den Teile der Neuköllner Bevölkerung aggressiv ausleben, gegen alle Werte verstößt, die Deutschland einmal ausgemacht haben, schauen Politik und Medien weg. Durch genau dieses Wegsehen und Nichthandeln hat sich in Neukölln eine Parallelgesellschaft gebildet, in die sich selbst die deutsche Polizei Gerüchten zufolge nur bedingt hineintraut. Es ist ein Stadtteil, der von kriminellen Clans beherrscht wird, eine No-Go-Area.