Die Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Baden-Württemberg warnen vor schweren Schäden an Wirtschaft und Gesellschaft. 2023 drohe, „Kipppunkt“ des deutschen Wohlstands zu werden, meint Winfried Kretschmann.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat vor Wohlstandsverlusten in Deutschland gewarnt. Die Folgen des Ukraine-Krieges, so der Schwabe, würden das Land noch lange beschäftigen. „Jetzt müssen wir das Notwendige tun und unsere Abhängigkeiten von Ländern wie Russland zu verringern. Das bedeutet steigende Preise vor allem für Energie. Wenn Energie teurer wird, wird das Leben teurer. Also werden wir für die wichtigen Dinge des Lebens – gute Ernährung, eine warme Wohnung, Mobilität – wieder mehr Geld ausgeben müssen. Unser materieller Wohlstand wird sich verschieben“, sagte Kretschmann im Interview mit dem Tagesspiegel.
Doch er warnte auch noch eindringlicher. „2023 ist der Kipppunkt für den deutschen Wohlstand. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren“. Dafür müsse auch die „Überbürokratisierung“ von Wirtschaft und Gesellschaft angegangen werden, die inzwischen ein echtes Problem sei. „Diesen Kampf müssen wir aufnehmen, damit die Wirtschaft keinen Standortnachteil erfährt und Innovationen schnell vorankommen.“
Mit Sorge blickt auch Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) auf die wirtschaftliche Entwicklung. „Die energieintensive Industrie in Deutschland befindet sich in einer besorgniserregenden Situation“, sagte Weil. Das gelte vor allem für die Chemieindustrie. „Die Gefahr ist real“, warnt auch Ministerpräsident Kretschmann. „Energie wird perspektivisch teurer werden.“
Weil warnt: Wenn die Entwicklung einige Monate weitergehe, dann werde die chemische Industrie in Deutschland nicht wiederzuerkennen sein, verbunden mit einem schweren Schaden für die Wertschöpfungskette für die deutsche Volkswirtschaft. „Darüber müssen Bund und Länder unbedingt zu Beginn des neuen Jahres intensiv reden. Wie können wir sicherstellen, dass diese Unternehmen, die sich allesamt auch in der Transformation in Richtung Klimaschutz befinden, eine gute Perspektive in Deutschland haben?“